2. Männer und Beziehungen


Als ich wie ein Vogel war, der am Abend sang,
riefen alle Leute nur: Sonnenuntergang!
Alle Vögel sind schon da - keiner der das rief
ohne Stimme flog ich fort, als schon alles schlief.

Irgendwann will jeder mal raus aus seiner Haut,
irgendwann denkt er dran, wenn auch nicht laut.

Als ich wie der Himmel war überm Rosenstrauch
setzte mancher sich und sprach: Rosen blühen auch!
Ach wie ist der Himmel blank - keiner kam darauf
fiel mein Regen auf die Bank, standen alle Leute auf.

Irgendwann will jeder mal raus aus seiner Haut,
irgendwann denkt er dran, wenn auch nicht laut.

Keiner hörte, als ich sang, man sah das schöne Wetter
fiel mein Regen auf die Bank, man sah die Rosenblätter.
Meine Stimme sprang beim Sonnenuntergang so schön wie Rosenblätter
Fiel mein Regen auf die Bank, mein Himmel wurde krank und auch mein Wetter.

Lied der Klaus Renft Combo: Als ich wie ein Vogel war.

2.1 Männer werden als selbstverständlich erachtet


Dieses Lied drückt - obwohl es schon über 30 Jahre alt ist - sehr treffend die derzeitige Lage von Männern aus. In den beiden Strophen wird geschildert, wie sehr sich dieser Mann bemüht, sein Leben zu leben und zu gestalten. Er will Vogel und Himmel sein und auf diese Weise mit anderen Menschen in Kontakt kommen. Er will etwas anbieten. Er will leben und kraftvoll sein, Doch er macht die Erfahrung, dass nur ein Teil von ihm gewollt ist, ja, dass selbst nur das indirekt wahrgenommen wird. Lediglich die Ergebnisse seines Tuns werden gesehen und genossen - jedoch auf einer unpersönlichen Ebene. Der Vogelgesang wird nicht beachtet, aber der schöne Sonnenuntergang, zu dem der Vogelgesang als wichtiger Teil dazugehört, wird gewürdigt. Die blühenden Rosenblätter werden bewundert. Aber der Himmel, der sie erst ermöglicht, wird gar nicht angeschaut. Beachtet wird dagegen der Regen, der die Leute veranlasst, aufzustehen und fortzugehen.

Jetzt ist es natürlich fraglich, ob die in diesem Lied geschilderten Erfahrungen auf jeden Mann und jede Situation zutreffen. Sicher lassen sich auch andere, manchmal völlig gegensätzliche Beispiele zu finden. Verallgemeinerungen haben immer das Problem, dass sie nicht jeder Erfahrung gerecht werden. Aber die in diesem Lied angesprochene Situation wird so häufig angetroffen, dass sie doch verallgemeiner-ungswürdig scheint. Männer erfahren oft, dass sie in ihrer Lebendigkeit wenig oder gar nicht wahrgenommen werden. Willkommen sind zwar die guten Ergebnisse ihres Handelns. Aber das Handeln selbst wird als selbstverständlich hingenommen. Auf der anderen Seite finden die negativen oder auch nur die vermeintlich negativen Seiten männlichen Handelns in aller Regel Beachtung und stoßen auf breite Ablehnung. Eines der zentralen Probleme in unserer Gesellschaft ist, dass Männlichkeit per se negativ bewertet wird. Um als Mann für gut befunden zu werden, muss man schon ein liebenswerter Trottel sein, der dann auch noch durch eine Frau erlöst wird.

Sehr gut kann man das in Kinofilmen sehen.
Ein besonders abschreckendes Beispiel ist der Film Willkommen bei den Sch´tis.

Ein liebenswerter Trottel, der Briefträger, ist unsterblich in eine Kollegin verliebt, eine wirklich schöne Frau. Und auch wenn sie zunächst nichts von ihm wissen will, weil er sich gar zu tolpatschig verhält, gelingt es ihm am Ende doch, ihr Herz zu erobern. „Erobern“ ist jedoch ein völlig irreführendes Wort. Es gelingt ihm vielmehr, mit Hilfe des Leiters der Postfiliale, sich ein wenig von seiner Mutter zu distanzieren. Denn die beiden Frauen stehen in einem Konkurrenzverhältnis.

Und zudem leuchtet ja auch ein, dass kein Mann sich einer Frau wirklich zuwenden kann, wenn er unter dem Pantoffel seiner Mutter steht. Aber das er nun den einen Pantoffel gegen einen anderen austauscht, bringt ihn nicht wirklich weiter. Der Mann löst sich von seiner Mutter nicht aus dem Grund, weil er seinen eigenen Weg gehen will und es mit Mitte dreißig auch höchste Zeit dafür wäre. Er tut es für eine andere Frau. So wird in dem Film gezeigt, dass das Paar nur dann zusammenkommen kann, wenn der Mann endlich den Erwartungen der Frau entspricht.

Was wird uns hier an vermeintlich positiven Männerbildern zugemutet! Und der Film ist so gestaltet, dass der Zuschauer die automatisch gut findet.

Und glaubt nicht, dass dieser Film eine traurige Ausnahme wäre.

Die Bewertungen, die er vornimmt, sind so sehr die traurige Regel, dass sie kaum noch auffallen.

In den meisten Filmen ist kein Klischee zu dumm, um zu bestätigen, dass von den Männern zumeist nichts Gutes kommt und sie einer Frau bedürfen, die sie auf den rechten Weg bringt.

Aus einer Männerunterhaltung:
Erster Mann: Also, meine Partnerin beschwert sich immer, dass ich nicht in die Gänge komme. Ich habe auch selten Lust, was zu unternehmen. Und Ideen habe ich auch keine. Auch wenn meine Partnerin dann kommt und mit mir spazieren gehen will, habe ich selten Lust. Manchmal gehe ich auch mit und dann ist es oft schön. Aber erst mal habe ich selten Lust. Und sie beschwert sich immer, dass ich so antriebslos sei und keine eigenen Vorschläge mache.
Zweiter Mann: Na, dann schlag halt mal was vor! Vielleicht willst du ja auch mal in irgendeine Ausstellung gehen. Schlag ihr das halt mal vor!
Erster Mann: Ach, eigentlich will ich doch nur meine Ruhe haben. Auf der Arbeit habe ich wenig Ideen und will einfach in Ruhe mein Ding machen. Aber zu Hause. Meine Partnerin meckert nur noch rum.
Dritter Mann: Na, ich weiß nicht, ob das bei mir nicht das selbe ist. Aber bei mir ist es kaum zum Aushalten. Ich habe mir immer ein eigenes Haus gewünscht und war froh, dass auch meine Frau das wollte. Nun haben wir es und manchmal wächst mir die Arbeit über den Kopf. Es gibt so viel zu tun und das Geld ist knapp. Da müssen wir sehen, wie wir Schritt für Schritt vorankommen. Und da habe ich mir überlegt, wie das Bad gestaltet werden könnte. Es muss bezahlbar sein und wir müssen uns trotzdem wohl fühlen. Und da mache ich mir Gedanken und habe eine gute Idee, von der ich das meiste auch gut umsetzen könnte. Dann gehe ich zu meiner Frau und sage ihr: „Komm mal mit. Ich möchte dir zeigen, wie ich mir das mit dem Bad vorstelle.“ Und plötzlich meckert sie los: „Ja, wenn du schon alles entschieden hast, brauch ich ja gar nichts mehr zu sagen. Da kannst du gleich alles allein machen!“ Ich weiß gar nicht, wie ich reagieren soll. Ich werde hier völlig kalt erwischt und in mir steigt die Wut hoch. Ich will doch gar nicht alles bestimmen. Ich hatte nur eine Idee entwickelt und weiß ja auch über manches besser Bescheid. Und ich merke, dass ich gar nicht mit ihr weiter reden brauche. Ich gehe dann weg und lasse alles liegen. Und nach einer Woche meckert sie wieder, dass es in unserem Haus nicht vorangeht.
Vierter Mann: Ich kenne so was auch. Da sitze ich abends da, bin froh, dass alles gut geschafft ist. Ich habe gerade unsere Tochter ins Bett gebracht und setze mich ins Wohn-zimmer und lese. Da kommt meine Frau rein und fragt mich irgendwas, es ging - glaube ich - um den Geburtstag einer Freundin in der nächsten Woche. Ich habe auf die Frage zwar geantwortet, war aber für den Eindruck meiner Frau nicht aufmerksam genug. Sofort versucht sie, mich weiter in das Gespräch zu verwickeln. „Sag mal, das interessiert dich wohl gar nicht?“ Ich sage, dass ich gerade lesen wollte. Aber das wurde nicht akzeptiert. Und schon waren wir in einem heftigen Streit. Zum Schluss verließ ich das Wohnzimmer und schlug die Tür heftig zu. Darauf kam unsere Tochter noch aus dem Zimmer und sagte, dass sie nicht schlafen könne, und da war die Stimmung völlig versaut...

So ein Gespräch ist typisch für Männer, die allmählich aufwachen und ihre Unzufriedenheit mit der Situation entdecken, in der sie leben. Aber ebenso typisch ist, dass sie in erster Linie mit der Unzufriedenheit ihrer Partnerin unzufrieden sind. Die meisten Männer würden sich gar nicht beschweren, wenn sie nur in Ruhe gelassen werden. Der Tenor so eines Männeraustausches lautet dann auch: Wenn die Frauen nicht so viel erwarten würden, würde es auch in der Beziehung besser laufen.

Selbstverständlich sollte man die angesprochenen Probleme differenziert betrachten. Zu fragen ist zum Beispiel, warum der erste Mann sich selbst als antriebslos sieht. Was steckt dahinter, wie unzufrieden ist er selbst mit der Situation und was bräuchte er, um aus seiner eigenen Unzufriedenheit herauszufinden?

Oder bei Mann 4: Wie könnte er dafür sorgen, dass er in Ruhe lesen kann, welche Bedingungen müsste er dafür schaffen?

Aber das Gespräch wurde hier nicht in der Absicht wiedergegeben, auf den Einzelnen, sondern auf das ihnen Gemeinsame zu fokussieren. Alle Männer, die an diesem Gespräch teilgenommen haben, könnten gemeinsam das Lied vom Beginn dieses Kapitels singen: Sie bemühen sich doch, sie wollen nichts Schlechtes. Aber gesehen wird vor allem das Negative.

2.2 Wenn Männer Veränderung wollen


Den ersten Schritt zu einem selbst bestimmten Mannsein sind diese Männer bereits gegangen. Sie haben verstanden, dass es nicht darum gehen kann, den Frauen etwas recht zu machen. Über dieses Stadium sind sie - Gott sei Dank möchte ich sagen - hinaus. Die letztlich erfolglosen Versuche, ihre Frauen zufriedenzustellen, indem sie sich immer mehr bemühen, haben sie hinter sich gelassen. Die meisten kommen ja gerade deswegen in Männergruppen, weil sie die Erfahrung der Vergeblichkeit eines solchen Unterfangens machen mussten


Den Rest gibts nur in der Vollversion zu lesen.

2.3 Wenn Männer unzufrieden werden


Den Teil gibts nur in der Vollversion zu lesen.

2.4 Andere sollen das Lebensglück bringen?


Den Teil gibts nur in der Vollversion zu lesen.

2.5 Gutes Miteinander durch Eigenständigkeit


Wir sind hier an einem wichtigen Punkt des Geschlechterverhältnisses angelangt. Er markiert die scharfe Grenze zwischen Krieg und Frieden, zwischen Feindschaft und Partnerschaft.

Und damit handelt es sich auch um den entscheidenden Punkt des Mannseins:
Sind Männer in ihrer Gesamtheit und vor allem jeder für sich bereit, die volle Verantwortung für ihr Leben zu übernehmen? Sind sie bereit, sich und erst einmal nur sich ernst zu nehmen? Sind sie bereit, ihre Potenz zu leben und zu zeigen - ohne gleich zu fragen, ob das gewünscht oder wenigstens akzeptiert wird? Die Konsequenzen, die sich daraus ergeben, sind vielfältig und erfordern - ich sagte es bereits - differenzierte Betrachtungen für die jeweiligen Situationen. Aber was an dieser Stelle zählt, ist die grundsätzliche Haltung, ist die Sichtweise, die in der konkreten Situation die richtigen Maßstäbe hervorbringt.

Wollen wir das mal an einem - zugegeben extremen - Negativbeispiel verdeutlichen:

Zeitungsnachricht vom 10. Februar 2005:
Tödliches Familiendrama in Torgau: Weil sie sich immer über seine nächtlichen Hustenanfälle aufregte, hat ein asthmakranker Rentner seine Ehefrau (72) erstickt. Gestern morgen stellte sich A.B. (83) der Polizei. In der Vernehmung stellte der an Asthma erkrankte Rentner die Tat als Eskalation eines Dauerstreits dar. Demnach hatte sich seine Frau immer über seine nächtlichen Hustenanfälle aufgeregt. So auch in der Nacht zu gestern, wo der um Luft ringende A.B. seine Gattin gegen 3 Uhr aus dem Schlaf hustete. Auf das Gemecker seiner Frau platze ihm diesmal der Kragen. Er schlang ihr die Schnur des Rollos um den Hals und zog zu. „Damit du mal erlebst, wie Asthma ist!“ Kurz darauf drückte er seiner Frau noch ein Kissen aufs Gesicht. Offensichtlich ein paar Minuten zu lang - denn nach dem „simulierten Asthmaanfall“ blieb die Frau regungslos liegen.

Bei diesem Paarstreit und der tödlichen Eskalation geht es nicht nur um ein Kommunikationsproblem. Es ist auch nicht so, dass die Frau allein schuld wäre - oder der Mann. Es handelt sich hier um eines der typischen Beispiele dafür, dass beide in ihren Emotionen zu verstehen sind. Natürlich fühlt sich die Frau gestört, wenn sie Nacht für Nacht aus dem Bett gehustet wird. Und natürlich kann der Mann sein Asthma nicht einfach abstellen, auch wenn die Frau das meckernd verlangt. Ich kann mir richtig vorstellen, wie sich der Mann beschweren würde, wenn man ihn mal fragen würde.

Es ginge ihm allerdings nicht darum, wie ein „kritischer Männerforscher“ unterstellen würde, um über seine Frau zu schimpfen. Er würde seine Not schildern, wie ihn nachts das Asthma schüttelt, schon allein das mache ihn fertig. Und dann komme noch seine Frau und meckere, weil sie nicht schlafen könne. Aber was soll er den tun? Er wünscht sich doch selbst nichts sehnlicher, als dass das Asthma aufhört. Und wenn das schon nicht funktioniert, dann soll wenigstens seine Frau ruhig sein. Er verlangt ja nicht einmal, dass sie ihm hilft.

Parteinahme wäre hier völlig fehl am Platz. Denn auf wessen Seite sollte man sich hier schlagen? Die der Frau oder die des Mannes? Wenn der Mann sein Schicksal schildert, entsteht schnell Mitgefühl für seine Not. Aber wenn dieses Mitgefühl dazu führt, dass wir uns mit ihm solidarisieren und die Frau für schuldig erklären, führt dies dazu, dass die Auseinandersetzung eskaliert. Denn auch die Frau leidet und ihre Not ist ebenso berechtigt wie die ihres Mannes.

So wichtig aber Mitgefühl für die Lage des Mannes ist, so wichtig ist es andererseits auch, ihn an seine Verantwortung für die Situation zu erinnern! Hilfestellung kann dann in Überlegungen, wie diese Verantwortung wahrzunehmen wäre, bestehen.

Es ist doch deutlich: Beide hätten es in der Hand gehabt, die tödliche Eskalation zu verhindern. Da beide das Problem kannten, hätten sie auch beide in der Lage gewesen sein sollen, zu erkennen, dass das Schlafen in einem Zimmer in dieser Situation nicht gut ist. Es hätte die Möglichkeit gegeben, dass einer von beiden im Wohnzimmer auf der Couch übernachtet. Vielleicht hätten auch Kinder oder Nachbarn vorübergehend helfen können.

Es gibt in solchen Situationen immer einen Ausweg. Man muss ihn nur gehen (wollen)! Und dafür hätten beide - und zwar jeder für sich - die Verantwortung übernehmen können und müssen.

Mitempfinden mit der Not des einen darf also nicht dazu führen, sich gegen den anderen zu entscheiden. Natürlich sind immer auch Situationen denkbar, in denen nur einer von beiden schuldig ist. Aber solche Situationen sind äußerst selten und sie machen weder vor Männern noch vor Frauen halt. Aber selbst dann ist der andere keineswegs von der Aufgabe entbunden, zu reagieren und dadurch die Situation zu beeinflussen.

2.6 Erwachsene Liebe


Wozu aber überhaupt Anerkennung von anderen erwarten? Wer sich aufrichtig über eine Handlung oder eine Geste des anderen freut, soll es natürlich äußern. Aber die Erwartung von Anerkennung zerstört auf Dauer eine Beziehung. Maßgabe muss es sein, volle Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen und nicht das Lebensglück von anderen zu erwarten. Der amerikanische Paartherapeut David Schnarch nennt das „Differenzierung in der Partnerschaft“, es ist die Grundvoraussetzung für erwachsenes Miteinander.

David Schnarch schreibt:
Die Differenzierung des eigenen Selbst, die Abgrenzung zum anderen Menschen und die reife, erwachsene Liebe entstehen auf der Basis von vier ausschließlich menschlichen Fähigkeiten:

Die erste Fähigkeit der Differenzierung besteht darin, dass eine Person auf engsten Raum mit dem für sie wichtigsten Menschen, der sie zur Übereinstimmung mit ihm zwingt, ein solides Selbstgefühl bewahrt. Unter einem soliden Selbstgefühl versteht man das internalisierte Selbst eines Menschen, dessen Stabilität nicht davon abhängt, was andere von ihm denken. Die meisten Menschen sind auf ein gespiegeltes Selbstgefühl angewiesen, das von den anderen Akzeptanz, Bestätigung und Entgegenkommen verlangt. Ein solides Selbst dagegen ist ein durchlässiges und flexibles Selbst, das die Einflüsse anderer annehmen kann, ohne seinen Orientierungssinn und seine Zielrichtung zu verlieren..

Die zweite Fähigkeit der Differenzierung besteht darin, dass eine Person ihre Ängste selbst steuert und ihre Schmerzen selbst lindert.

Die dritte Fähigkeit der Differenzierung besteht darin, dass eine Person auf die Angst und Reaktionsbereitschaft des Partners nicht über reagiert ( aber auch nicht indifferent bleibt ). Ruhig zu bleiben, wenn der Partner den Kopf verliert, verlangt von einem Menschen Standfestigkeit.

Die vierte Fähigkeit zur Differenzierung besteht darin, dass eine Person um der persönlichen Entwicklung willen Unbehagen auf sich nimmt, d.h. die Befriedigung eines Bedürfnisses aufschiebt und zuerst „ihre Schulden bezahlt“ um das Gewünschte zu bekommen.

Leider sind seine Einsichten in der Gesellschaft kaum verbreitet.



Den Rest gibts nur in der Vollversion.

2.7 Sucht euch eure eigenständige Männlichkeit





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2.8 Offensiv die eigene Position beziehen


Das gibts nur in der Vollversion zu lesen.

2.9 Männer, nehmt euch ernst!


Eigenständige Männlichkeit ist durch zwei Schritte gekennzeichnet:

1. Klärung der eigenen Position für sich.

2. Offensives Vertreten dieser Position gegenüber anderen, ohne dabei einen Krieg anzuzetteln.


Diese beiden Schritte sind nicht nur das Merkmal eigenständigen, selbst bestimmten Lebens, sie sind auch Grundlage gelingender Männlichkeit. An ihnen erweist sich echte Stärke, die wirkliche Schwäche und gesunden Egoismus einschließt.

Der Einwand, der vielleicht gegen diese Ausführungen vorgebracht werden wird, betrifft die Frage, was denn daran jetzt spezifisch männlich sein soll. Dieser Einwand ist insofern berechtigt, als die beiden Prinzipien keine Abgrenzung gegenüber den Frauen darstellen. Sie sind ihrem Wesen nach geschlechtsindifferent. Auch Frauen müssen für sich Entscheidungen treffen, die sie eigenverantwortlich tragen müssen.

Und selbstverständlich müssen sie ihre Positionen offensiv vertreten, ohne dabei über Manipulation, Überzeugenwollen oder Streit in ein Gegeneinander zu geraten. Es gibt an dieser Stelle also keinen Unterschied. Frauen und Männer sitzen hier in einem Boot.

Dass ich diese beiden Prinzipien trotzdem unter die Überschrift „Eigenständige Männlichkeit“ gestellt habe, hängt zum einen damit zusammen, dass ich hier als Mann für Männer schreibe und es mir darum geht, meine Geschlechtsgenossen anzusprechen. Das gelingt erfahrungsgemäß schlechter, wenn ich geschlechtsindifferent schreibe.

Zum anderen aber ist der Grund darin zu suchen, dass aus der Anwendung der Prinzipien dann eben doch Unterschiedliches folgt. Nicht die Prinzipien an sich sind geschlechtsbezogen, jedoch das, was sich aus ihnen an konkretem Leben entwickelt. Ganz allgemein lässt sich das so formulieren: Bei der Umsetzung der Prinzipien geht es nicht (nur) darum, „eigenständiges Mensch sein“ zu verwirklichen, sondern eigenständiges Mannsein - wie es bei den Frauen um das eigenständige Frausein geht. Die Prinzipien sind der Boden, der Mann- und Frausein wachsen lässt.

Zwischen Frauen und Männern bestehen vielfältige Unterschiede, die biologisch oder auch kulturell bedingt, keinesfalls aber wegzureden sind. Dieser vermeintlich „kleine Unterschied“ ist deutlich größer, als es uns mache ( Lesben ) weismachen wollen.

Schon die Bezeichnung „kleiner Unterschied“ gehört eher in das Sandkastenalter als in eine erwachsene Frau-Mann-Beziehung. Sie negiert hormonelle Unterschiede ebenso wie anatomisch bedingtes unterschiedliches Sexual- und Weltempfinden. Auch die eben unauflösbaren Unterschiede beim Kinderkriegen bestimmen unser Lebensempfinden mehr, als es oft wahrgenommen wird. So lässt sich eine Ursache der bereits angesprochenen männlichen Externalität schon in der Anatomie der primären Geschlechtsorgane finden.

Allerdings wird gerade bei diesem Thema deutlich, wie sehr sich Biologie und Kultur durchdringen. Wenn Sozialisationsforscher feststellen, dass bei Frauen die Externalität nicht so ausgeprägt ist wie bei den Männern, dann liegt das eben auch an der Anatomie der Geschlechtsorgane und den stärker nach innen gerichteten Erfahrungen von Schwangerschaft und Geburt und an der geschlechtsspezifischen Sozialisation. Die in der Regel intensivere Verbindung zur Mutter lässt die heranwachsenden Mädchen eher zu einer inneren Identität finden.

Auch das ist nicht unproblematisch und zeigt keine grundsätzlich bessere Situation von Mädchen gegenüber den Jungen. Aber es wird deutlich, dass es in der konkreten Ausformung des Lebens Geschlechtsunterschiede gibt. Von einigen wird in den folgenden Kapiteln noch zu reden sein.

Es ist unsinnig, diese Geschlechtsunterschiede negieren zu oder kulturell egalisieren zu wollen. Neben ohnehin festgeschriebenen biologischen Unterschieden gibt es zweifelsohne auch ein starkes Bedürfnis nach kultureller Geschlechtsidentität. Diese mag sich auf der Basis physischer und psychischer Gegebenheiten unterschiedlich gestalten lassen. Aber ein existentielles Grundbedürfnis nach geschlechtsspezifischer Verschiedenheit gibt es und ist konstruierend für alle menschlichen Kulturen.

Genau aus diesem existentiellen Bedürfnis heraus sind die aufgezeigten Prinzipien eben nicht nur das Fundament für „eigenständiges Mannsein“, sondern für die geschlechtsspezifische Lebensgestaltung schlechthin. Eigenständigkeit ist Voraussetzung dafür, Verschiedenheit leben, gestalten und manchmal auch aushalten zu können, ohne zugleich in einen Krieg der Geschlechter zu ziehen. Daraus erklärt sich auch, dass die Geschlechterdiskussion der letzten Jahre nicht zu einer Befriedigung, sondern eher zu einer Verschärfung des Geschlechterkampfes geführt hat. Nur selten ging es dabei um die Anerkennung des Verschiedenheit und erst recht nicht um eine geschlechterspezifische Eigenständigkeit. Damit ist keine Hierarchie zwischen den Geschlechtern gemeint. Diese lehne ich ab!

Das diesem Ratgeber zugrunde liegende Menschenbild lässt kein hierarchisches Verhältnis zwischen den Geschlechtern zu. Und gerade deshalb wende ich mich ja gegen die gegenwärtig so oft anzutreffende negative Grundstimmung gegenüber den Männern. Aber jenseits hierarchischer Gedanken ist der geschlechtsspezifischen Eigenständigkeit ein hoher Wert beizumessen.

Statt zu jammern, wie schwer es uns gemacht wird, sind wir Männer dazu aufgefordert, unseren Weg zu gehen und ein positives männliches Selbstverständnis herauszubilden. Dies entspricht Schritt eins der Prinzipien für eine eigenständige Männlichkeit: Klärung der eigenen Position.

Doch dann muss auch Schritt zwei erfolgen: diese Position offensiv zu vertreten. Den zumeist sehr geringen gesellschaftlichen Einsatz der Männer für ihre eigenen Interessen verstehe ich als Scheu davor, selbst bestimmt Position zu beziehen. Mehr noch: Die fehlende positive männliche Geschlechtsidentität und die fast stoische Hinnahme dieser traurigen Tatsache durch die Männer selbst verhindern es, selbstbewusst Position zu beziehen. Auf gesellschaftlicher Ebene sind wir Männer zweifelsohne in kindlicher Abhängigkeit von der Meinung und dem Verhalten von Frauen abhängig.

Natürlich gilt dieser Befund für Männer und Frauen gleichermaßen, darin unterscheiden sie sich nicht. Auch die Frauen stecken in einer kindlichen Abhängigkeit von den Männern, und ihre bis jetzt, trotz Jahrzehnten des Feminismus längst noch nicht verwirklichte Aufgabe ist die stärkere Entwicklung von Eigenständigkeit.

Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt es statt dessen in der Art und Weise, wie innerhalb der Abhängigkeit jeweils agiert wird. Während Frauen an die Öffentlichkeit gehen und durch Erwartungen an die patriarchalische Gesellschaft ihre mangelnde Bereitschaft zu mehr Eigenständigkeit ideologisch verbrämen, halten Männer lieber still und hoffen, „dass es sich schon irgendwie regeln wird“. So sehr die Prinzipien also geschlechtsübergreifend gelten, so geschlechtsspezifisch sind die Folgen, die daraus erwachsen. Deshalb ist es so wichtig, dass sich Männer ernst nehmen und einen eigenen Weg zu positiver Geschlechtsidentität beschreiten.

Ein wichtiger Schritt auf diesem Weg ist die Analyse der geschlechtsspezifischen Sozialisation. Wenn wir - angeregt etwa durch das Gesundheitsthema - nach Ursachen problematischer Entwicklungen fragen, dann müssen wir uns mit diesem Thema auseinandersetzen: Warum sind Männer in kindlicher Abhängigkeit gefangen und warum äußert sich dies auf die dargestellte Weise? Bei diesen Fragen geht es wiederum um eine spezifisch männliche Sicht. Dabei zählen nicht so sehr die Unterschiede zwischen männlicher und weiblicher Sozialisation, auch wenn sich im Vergleich manches besser erkennen lässt.

Der Fokus liegt aber auf der Frage, was an männlicher Sozialisation schief läuft, wenn Männer auch noch im erwachsenen Alter Schwierigkeiten haben, eine eigenständige Geschlechtsidentität zu entwickeln und nach außen hin zu vertreten.