1. Die verbotene Männlichkeit

1.1 Wo ist das positive männliche Selbstbild?


Als Kind meiner Zeit bin ich ganz selbstverständlich davon ausgegangen, dass wir in einem aufgeklärten, zumindest auf sexuellem Gebiet sehr fortschrittlichen Zeitalter leben, in dem es eher zu wenige als zu viele Tabus gibt.
Da habe ich mich aber getäuscht. In einer Ausstellung wurde eine Kulturgeschichte der Sexualität erzählt. Die Ausstellung reichte von ersten Darstellungen nackter Körper und sexueller Handlungen bis in die Gegenwart.
In der römischen Epoche fiel mir eine kleine Figur auf. Sie zeigte den römischen Gott Priapus, den römischen Gott der Fruchtbarkeit. Es war eine recht kleine Figur, ca. 5 cm groß, nur mit einem Hemd bekleidet. Das Hemd hielt er hoch, so dass er damit Früchte tragen konnte. Unter dem Hemd ragte ein erigierter Penis hervor. Die Führerin erklärte, dass Priapus im antiken Rom hohes Ansehen genoss. Die römische Kultur ist aus einer Ackerbaugesellschaft hervorgegangen und so durfte im römischen Reich auf keinem der üblichen Hausaltäre eine Priapus-Figur fehlen.

Ich stelle mir vor, wie es auf die Menschen, vor allem auf die heranwachsenden Kinder gewirkt haben muss, wenn zu ihrem Alltag ein männliche Götterfigur mit erigiertem Penis gehört. Und ich denke darüber nach, wo in unserer Kultur erigierte Penisse zu sehen sind. In unverblümter Form finden wir sie außerhalb des Intimbereiches nur im Pornobereich, sonst ist ihre Darstellung verboten. Verdeckt ( sublimiert würden manche Psychologen sagen ) entdecken wir sie natürlich noch in Schornsteinen, Wolkenkratzern usw. Aber offensichtlich gibt es in unserer aufgeklärten Gegenwart keinen vergleichbaren offenen und alltäglichen Umgang mit der Darstellung eines erigierten Penis. Ich glaube hier nicht an einen Zufall. Es geht ja nicht um irgendeinen Körperteil, sondern um das zentrale Symbol von Männlichkeit. Es geht um Kraft, Potenz und Selbstbewusstsein von Männern. Wenn ich also die Verbannung des erigierten Penis aus unserer Öffentlichkeit ernst nehme, dann stoße ich auf Fragen, die über das primäre männliche Geschlechtsorgan hinausgehen, ja die nicht einmal mit Sexualität allein zu tun haben. Es geht vielmehr darum, was Männlichkeit in unserer Gesellschaft bedeutet und wie Männlichkeit in unserer Gesellschaft bewertet wird.

Nach Aussagen vieler Männerforscher hat es hier in den letzten Jahren einen großen Wandel gegeben. Selbstverständlichkeiten in den Beziehungen der Geschlechter sind verloren gegangen und die Erwartungen der Gesellschaft an die Männer haben sich verändert. Das ist seit Jahren das Thema der Männerforschung. Sie stellt fest, dass Männer zunehmend verunsichert sind über die ihnen zugewiesene(n) Rolle(n). Viele Männer wissen nicht, wie sie sich verhalten sollen, damit ihr Verhalten auch noch gesellschaftliche Anerkennung findet. Sie sollen Gefühle zeigen, sie sollen schwach sein können. Zugleich aber sollen sie sich auch in einer globalisierten Welt durchsetzen können, mobil und auch gefälligst für die Frauen stark sein. Männliche Potenz wird weiterhin als selbstverständlich erwartet, aber zugleich soll sie domestiziert, hat sie rücksichtsvoll und sanft zu sein. Ansonsten werden Männer schnell in die Ecke der Unanständigkeit gedrängt. Männer ihrerseits versuchen oft, sich den gesellschaftlichen Erwartungen anzupassen. Aber, und auch das ist Bestandteil der allgemeinen Verunsicherung der Männer, rebellieren gerade junge Männer gegen neue Vorstellungen von Männlichkeit, indem sie sich besonders hart und betont „männlich“ geben.

Wir finden in unserer Gesellschaft eine Vielzahl unterschiedlicher Lebensentwürfe, die Männer umzusetzen versuchen. Dieser Ratgeber wird einige davon aufzeigen und in Beispielen darstellen. Was aber den meisten davon fehlt, ist eine positive Selbstverständlichkeit der eigenen Geschlechtsidentität. So, als dürfe es kein selbstverständliches Mannsein geben.

Doch auch wenn die Verunsicherung von Männern, wenn die unklaren und widersprüchlichen Bilder davon, wie ein Mann zu sein hat, in den Medien ab und zu beklagt werden, besteht kaum ein öffentliches Interesse daran, die Situation wirklich ernst zu nehmen oder gar zu ändern.

Zumindest vermisse ich eine allgemeine Verständigung über solche Fragen, die größere Teile der Gesellschaft einbezieht.

Was ist bei aller individuellen Ausgestaltung unter Männlichkeit zu verstehen?
Wie sieht gelungenes Mannsein aus und an welchen Werten und Vorbildern soll sich der einzelne orientieren?

Von den wenigsten Männern lässt sich sagen, dass sie sich im Hinblick auf ihr Mannsein ernst nehmen, dass sie spüren möchten, was in diesen Belangen für sie richtig ist, und dafür dann auch eintreten - sowohl im Privaten als auch im Politischen.

Statt dessen kommt immer wieder eine andere, traurige Grundhaltung von Männern zum Vorschein: Sie wollen das tun, was von ihnen erwartet wird!

Sie verwenden unendliche Energie darauf, zu erahnen was sie tun sollen.

Von wem sie dieses „Sollen“ empfangen, ist unterschiedlich. Das können Mütter, Väter, Partnerinnen, aber auch Gruppen oder vermeintliche öffentliche Erwartungen.

Die meisten Männer wissen aber nicht, was sie selbst wollen.

Deshalb treten sie auch in der Öffentlichkeit nur selten für sich ein. Dass es keine wirkliche Männerbewegung gibt, ist ein deutliches Zeichen dafür. Natürlich könnte man das auch so auslegen, dass Männer so etwas nicht brauchen. Aber das ist Unsinn. Denn bereits ein Blick auf die unterschiedliche Lebenserwartung der Geschlechter zeigt, dass es um uns Männer nicht gut bestellt ist. Männer sterben im Durchschnitt sechs Jahre früher als Frauen. Und das muss Gründe haben, die nicht beim Einzelnen liegen, sondern in der gesellschaftlichen Situation der Männer zu finden sind.

1.2. Früher Tod - Wo bleibt die Konsequenz?


Das gibts nur in der Vollversion.

1.3 Männerentwertung als gesellschaftlicher Konsens


Das gibts nur in der Vollversion zu lesen.

1.4 Falsche Vorstellungen von Stärke und Schwäche


Auf den ersten Blick mag es weit hergeholt wirken, das Tabu, die Benachteiligung von Männern zu thematisieren, mit der Verbannung des erigierten Penis aus der Öffentlichkeit zu bringen. Geht es doch einmal - ganz allgemein gesagt - um männliche Schwäche, das andere Mal eher um männliche Stärke. Aber genau hier liegt ein weiteres Problem von Männlichkeit in unserer Gesellschaft:
die unklaren Vorstellungen davon, was männliche Stärke und Schwäche denn wirklich sein sollen. Hier scheinen weder die Männer selbst, noch ihre Partnerinnen, erst recht jedoch die öffentliche Meinung eine klare Antwort geben zu können.


Den Rest gibts nur in der Vollversion.

1.5 Ändert euch, aber nicht wirklich!


Es ist also festzustellen, dass es falsche und echte Stärke sowie verlogene und wirkliche Schwäche gibt. Beide Seiten zu unterscheiden, kann schwierig sein. Das letzte Beispiel hat gezeigt, dass konkretes Verhalten sogar beide Seiten zugleich enthalten kann und eine Situation sehr genau analysiert und aufgearbeitet werden muss, um falsche von echter Stärke, verlogene von wirklicher Schwäche zu unterscheiden. Die Schwierigkeit besteht außerdem darin, dass die gesellschaftlichen Vorstellungen von männlicher Stärke und Schwäche oftmals irreführend sind. So wird als eines der zentralen Probleme des Geschlechterverhältnisses immer wieder angeführt, dass Männer zu external, zu sehr von außen geleitet wären. Damit soll gesagt werden, dass Männer immer stark sein wollen und zu wenig auf sich, ihre Gefühle und ihren Körper achten. Bei einer genauen Betrachtung ist das natürlich keine Stärke, gerade wenn manche Männer die Angst vor ihrem eigenen Innenleben mit aufgesetzter Stärke zu kompensieren versuchen. Das heißt, es handelt sich bei diesem Befund eher um ein Zeichen von Schwäche.


Den Rest gibts nur in der Vollversion.

1.6 Veränderung muss von den Männern selbst ausgehen



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1.7 Was ist das Problem?


Die Abhängigkeit von Frauen!



Die Erklärung dazu gibts in der Vollversion.

1.8 Mann sein zwischen Biologie und Gesellschaft


Das gibts nur in der Vollversion.

1.9 Was ist das Ziel?


Ziel ist das selbst bestimmte Mannsein.


Die Konsequenz aus dieser Sichtweise ist, dass wir uns auch innerhalb der Geschlechterdiskussion wieder stärker mit Entfremdung auseinandersetzen müssen.

Das aber nicht im Geschlechterverhältnis, etwa indem wir sagen: Frauen und Männer haben sich voneinander entfremdet. Vielmehr muss es um die Betrachtung des Mannsein und des Frauseins jeweils für sich gehen. Die Formulierung müsste lauten: Männer haben sich von ihrem Mannsein, Frauen von ihrem Frausein verabschiedet. Wobei eine dermaßen allgemein gehaltene Aussage allein noch wenig nützlich ist. Wir müssen analysieren, an welchen konkreten Punkten in unserer Gesellschaft das Frau-/Mannsein gelingt und wo Defizite deutlich werden. Erst über die getrennte Betrachtung der Geschlechter wird auch ein entspannteres Miteinander von Männern und Frauen möglich.

In den folgenden Punkten dieses Ratgebers wird es vor allem darum gehen, wie gelingendes Mannsein aussehen kann, welche Grenzen sichtbar werden und was Männer konkret tun können und müssen - jeder für sich allein und alle gemeinsam - um diese gewonnenen Erkenntnisse umzusetzen.

Ausgangspunkt dafür ist die schon dargestellte tabuisierte Männlichkeit. Diese Tabuisierung umfasst beide Seiten: männliche Stärke und männliche Schwäche. Wenn wir uns auf den Weg begeben, falsche Stärken und verlogene Schwächen zu erkennen und abzubauen, gewinnen wir eine positive Geschlechtsidentität und mehr Handlungsfreiheiten. Dieser eigene Weg eröffnet die Möglichkeit zu einem besseren Miteinander von Frauen und Männern.

Gute Partnerschaft kommt also keinesfalls aus dem Bemühen, im jeweils anderen die Maßstäbe für das eigene Handeln zu gewinnen. Und erst recht nicht in der Hoffnung, der andere möge sich ändern, damit wir selbst endlich glücklich sein können.

Voraussetzung für eine gute Partnerschaft ist viel mehr, seinen eigenen Weg zu gehen. Was das heißt, wird Thema im nächsten Kapitel.

Die Notwendigkeit, den eigenen Weg zu gehen, ist auch der Grund dafür, dass das hier ein Ratgeber für Männer ist. Die Begründung ist nicht, dass es Männern besonders schlecht geht und es daher ein Manifest der Männerbefreiung ohne oder gar gegen die Frauen geben muss. Es geht nicht um die Betonung irgendwelcher Ungleichheiten. Denn trotz aller Unterschiede zwischen Männern und Frauen kann ich keine qualitative Differenz zwischen beider Situation erkennen.

Wenn ich feststelle, dass Männlichkeit in unserer Gesellschaft tabuisiert wird, dann verhält es sich mit der Weiblichkeit nicht anders. Auch hier lässt sich fundiert die These begründen, dass das, was die Gesellschaft den Frauen als „normale“ Stärken und Schwächen vorgibt, zumeist falsche Stärke und verlogene Schwäche ist. Selbst die immer wieder geäußerte Meinung, Frauen hätten aufgrund der Frauenbewegung besser für sich zu sorgen gelernt, kann ich so nicht stehenlassen, zumindest nicht grundsätzlich.

Die bei Feministinnen immer wieder anzutreffende Haltung, die Männer bzw. die von Männern dominierte Gesellschaft müsse sich erst einmal ändern, damit es den Frauen besser gehe, ist eher konservativ und auf keinen Fall Ausdruck selbst bestimmten Frauseins. Nun gibt es innerhalb der Frauenbewegung sicherlich auch andere Tendenzen. Aber noch ist das Beispiel des Veranstaltungskalenders der Dresdner Gleichstellungsbeauftragten aus dem Jahr 2009 viel zu typisch. Zwar kann sich Dresden rühmen, neben den „Dresdner Frauengesprächen“ auch die Reihe „Männer im Gespräch“ anzubieten.
Aber leider kommt es hierbei zu einer bemerkenswerten Themenauswahl, wie etwa:

4. November 2009 : Männer im Gespräch - Veranstaltung zum Welttag des Mannes: „Fußball und Gewalt. Ein männliches Phänomen?“
25. November 2009 : Dresdner Frauengespräch - Veranstaltung zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen „Sextourismus - schnelle Nummer ohne Folgen?“

Nun sind beide Themen wichtig und die jeweilige Problematik soll auch auf keinen Fall verharmlost oder gar geleugnet werden ( wenngleich man sich auch über den überwiegend weiblichen Tourismus in Richtung Nordafrika oder Ägypten Gedanken machen könnte... ). Aber in dem einseitigen Blick auf die männliche Gewalt in beiden Veranstaltungen offenbart sich doch, wie bequem und verbreitet die Ansicht ist, die Männer müssten sich endlich ändern, damit sich die Gesellschaft zum Besseren entwickeln könne. Eine solche Haltung kennzeichne ich als verlogene Schwäche.

Es soll also keine falsche Alternative aufgemacht werden. Frauen und Männer müssen sich gleichermaßen auf Entdeckungsreise begeben. Unsere Gesellschaft bietet in all ihrer Verwirrung beiden Geschlechtern keine guten Identitäten, keine wirklich fassbaren Visionen eines positiven Selbstbildes und damit eines besseren Miteinanders. Dass das aber dringend notwendig ist, daran kann es keinen Zweifel geben. Die Scheidungszahlen sprechen für sich, ebenso wie die bereits angesprochenen Darstellungen des Geschlechterumgangs in der Comedy-Szene.

Aber auch die Paarberatungen legen Zeugnis ab sowohl von der Sehnsucht nach guter Partnerschaft und auch vom Wunsch nach Veränderung und auch von der Ratlosigkeit, wie das anzustellen wäre. In der Regel wird unglücklichen Paaren empfohlen, ihre Kommunikation zu schulen und mehr auf die Bedürfnisse des Partners einzugehen.

Ich glaube aber nicht, dass damit das wirkliche Problem erfasst ist oder sogar die Schwierigkeiten aus dem Weg geräumt werden können. Es sollte vielmehr darum gehen, dass beide, Mann und Frau, sich jeweils für sich entwickeln. Erst auf Basis eines selbst bestimmten und vor allem selbst verantworteten Lebens ist ein Miteinander überhaupt möglich. In diesem Ratgeber geht es um den einen Teil, um den des Mannes.